Posaunenchor trotz(t) Corona

Mehr als 63 Jahre spielt der Posaunenchor in St. Jürgen mit seinem Gründer und Dirigenten Volkmar Lange, dem 92 jährigen ehemaligen Diakon der Gemeinde, zur Freude vieler Zuhörer und zur Ehre Gottes. Jeden Donnerstag-Abend treffen sich bis zu zwölf Bläserinnen und Bläser auf der Orgelempore, um miteinander zu üben für das Blasen bei Gottesdiensten oder Festen der Gemeinde. So war es bis Mitte März 2020. Aber dann wurde wegen der Corona-Pandemie der „Lockdown“ ausgerufen und nichts ging mehr: keine Gottesdienste, keine Treffen der Gruppen, auch kein Proben und Musizieren des Posaunenchores. Nur noch tägliche „Balkonkonzerte“ von zu Hause waren den Bläsern möglich. Es gab für die Musiker lediglich den Kontakt über das Internet. Im Frühjahr entstand dann auf Initiative unserer Kirchenmusikerin, Frau Sheng, ein Gemeindevideo, in dem auch ein von Bläsern einzeln eingespielter „virtueller Bläserchor“ zu hören war.

Als dann die Infektionszahlen zurückgingen und die strengen Beschränkungen gelockert wurden, konnte der Posaunenchor ab 11. Juni vorsichtig mit dem gemeinsamen Proben beginnen. Als organisatorischer Leiter des Chores erarbeitete ich ein detailliertes Hygiene- und Probenkonzept. Die Bläser mussten sich vorher anmelden, jedem einzelnen wurde in der Kirche ein Platz mit mindestens drei Metern Abstand zum Nächsten zugewiesen. Die Übungsabende zu organisieren, war sehr zeitaufwendig. Am Probenende wurde aufgeräumt,die Tücher mit dem Kondenswasser aus den Instrumenten im Abfall entsorgt und alles, was die Bläser berührt hatten, gereinigt und desinfiziert.

Für die Teilnehmenden waren diese Proben ein besonderes Hör-Erlebnis. Normalerweise saß man auf der Orgelempore zu zweit vor einem Notenpult dicht beieinander. So hörte jeder seine unmittelbaren Nachbarn und weniger den Gesamtklang des Chores. Jetzt war das ganz anders: weil man weit vom nächsten Bläser entfernt war, hörte jeder viel mehr auch die anderen Stimmen und den Klang des ganzen Chores. Allerdings kamen durch die Entfernung der Spieler die Töne der anderen mit einer geringen Verzögerung beim einzelnen an, so daß es sehr schwierig war, genau im Takt und im gleichen Tempo zu musizieren. Da war der Dirigent ganz besonders gefordert, das Spiel der Bläser zusammenzuhalten.

Wie gut das gelang, davon konnten sich die Gottesdienstbesucher überzeugen: zwar durfte der Posaunenchor während des Gottesdienstes nicht in der Kirche musizieren, also spielte er zum Abschluss vor der Kirche einmal im Monat Choräle und geistliche Musik mit Abstand untereinander und zu den Besuchern.

Um das besondere Klangerlebnis in der Kirche zu dokumentieren, zeichnete ich Ende Oktober die Musik einer Probe auf. Zufällig fragte mich am Tag darauf Frau Sheng, ob der Posaunenchor bei einer Advents-CD der Gemeinde mitwirken möchte. Zum Glück waren da schon die Tonaufnahmen vorhanden, denn eine Woche später kam der zweite „leichte Lockdown“ und der Posaunenchor durfte nicht mehr in der Kirche proben, nur noch einzelnen Bläsern als Quartett war es erlaubt, im Zusammenhang mit einem Gottesdienst „openair“ zu spielen.

So geschah es dann an den vier Adventssonntagen vor St. Jürgen und am Heiligabend auf dem Langenhorner Markt bei zwei Christvespern und zuletzt zwischen den zwei Gottesdiensten der Lichterkirche am 3. 1. 2021. Solches Musizieren bedeutet für die Bläser jedes Mal eine besondere Herausforderung, da sie ja vorher nicht miteinander proben konnten.

Inzwischen erleben wir den nächsten „harten Lockdown“ und wieder müssen die Blasinstrumente ganz schweigen. Wir hoffen, dass durch diese Maßnahmen die Gefahr weiteren Ansteigens der Infektionen zurückgeht, und sich das Leben der Menschen auch in St. Jürgen bald wieder normalisiert, so dass der Posaunenchor wieder musizieren kann, so wie es in dem Choral heißt: “Gott loben, das ist unser Amt!“ (EG 288, 5)

Pastor i. R. Friedhelm Nolte

Bild: W. Trautmann