Freude und Durchhaltevermögen

Antworten von Arnhild Kleemann, unserer Kirchengemeinderatsvorsitzenden

Du bist seit mehr als 20 Jahren im Kirchengemeinderat (KGR) und seit 19 Jahren dessen Vorsitzende. Das ist länger als Merkels Amtszeit. Macht diese ehrenamtliche Tätigkeit Dir noch Freude?

Ich habe gern Kontakt zu den Menschen in der Gemeinde und ich freue mich, Teil dieser Gemeinschaft zu sein. Die Arbeit mit den haupt- und ehrenamtlichen MitarbeiterInnen ist anregend und herausfordernd zugleich. Es freut mich, wenn unser Engagement dazu beiträgt, dass Menschen einladende Orte vorfinden, an denen der christliche Glaube gelebt und gefeiert werden kann, wie kürzlich zur 80-Jahr-Feier der St. Jürgen Kirche.

Welche Fähigkeiten sind in diesem Amt gefordert?

Für mich sind die drei wichtigsten Fähigkeiten: Empathie, Geduld und Durchhaltevermögen.

Empathie, denn schließlich gründet der christliche Glaube auf der Nächstenliebe. Geduld, weil wir hochdemokratische Strukturen haben, in denen viele gehört werden und mitentscheiden können. Durchhaltevermögen, wenn es mal wieder extrem langsam voran geht oder sich die Dinge anders entwickeln als vorgesehen.

Hast Du mal daran gedacht „hinzuschmeißen“?

Ja manchmal, wenn die Kraft für die eben genannten Fähigkeiten verbraucht war. Das geschieht besonders dann, wenn die Arbeit zu viel wird und damit die Balance zwischen Ehrenamt und Privatleben ins Ungleichgewicht gerät, wie z.B. beim Wechsel von Mitarbeitenden, bei längeren krankheitsbedingten Ausfällen im Team, angesichts sinkender Gemeindemitgliederzahlen und damit verbunden weniger Zeit- und Geldspendern. Ich habe aber mein Amt nie aufgegeben, weil ich weiß, dass es bei jeder Tätigkeit Höhen und Tiefen gibt. Mit einem maßvollen Ehrgeiz möchte ich die Dinge voranbringen und Angefangenes vollenden. Außerdem ist für mich in schwierigen Situationen eine gute Portion Gelassenheit hilfreich, wie in folgendem Gebet beschrieben. Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine von dem anderen zu unterscheiden”. 

Wie entspannst Du Dich? Bleibt noch Zeit für Hobbys, Sport etc.?

Meine Kraftquellen sind meine liebe Familie, außerdem ein großer Freundeskreis, der Sport, u.a. Yoga, das tägliche Radfahren durch Langenhorn, und natürlich alle Arten von Gottesdiensten, besinnliche Andachten bis zu Großveranstaltungen auf Kirchentagen. Entspannung finde ich in den Ferien in den Bergen und an der See. Ich liebe es, lange durch die Natur zu laufen und über Gottes Schöpfung zu staunen.

Was hat sich in den letzten Jahren gegenüber der Anfangszeit geändert?

Es fällt mir schwer, die Veränderungen an einzelnen Umständen festzumachen, denn irgendwie ist immer alles im Fluss, z. B. bei der internen und externen Kommunikation. Einiges wurde entbürokratisiert. Manches wird schwieriger: Ab 2021 sollen wir noch Umsatzsteuer z.B. auf Basarverkäufe zahlen! Besonders viel hat sich durch die Fusion St. Jürgen/Zachäus 2009 verändert. Alle Leitenden haben mehr Verantwortung übernommen, insbesondere für mehr Standorte, Personal, Gebäude und Finanzen. Veränderungen entstanden aber auch durch Wechsel bei Pastoren und anderen Mitarbeitenden, die sinkende Kirchenmitgliedschaft und die Regionalisierung, wie z.B. bei der Einrichtung der regionalen Jugendmitarbeiterstelle. Als besonders positiv ist die Entwicklung der Kita und des Seniorentreffs bei Zachäus hervorzuheben.

Wie würdest Du die Zusammenarbeit mit den Hauptamtlichen der Gemeinde und im KGR beschreiben?

Aus meiner Sicht ist die Zusammenarbeit mit den Hauptamtlichen gut und ich hoffe, dass diese das genauso empfinden. Im KGR diskutieren wir miteinander, hören aufeinander, bearbeiten anstehende Herausforderungen und erarbeiten m.E. gute Lösungen oder Kompromisse. Jede/r hat einen Zuständigkeitsbereich, der zuverlässig wahrgenommen wird.

Welches sind die Themen der Zukunft für unsere Gemeinde?

Wir werden mit den anderen Langenhorner Gemeinden enger zusammenarbeiten müssen. Nur gemeinsam können wir Antworten finden auf die merkliche Abkehr von Menschen vom christlichen Glauben und von der Institution Kirche. Nur gemeinsam werden wir die weiteren großen Herausforderungen bewältigen können: Der Mangel an Pastoren wird uns bald treffen. Können alle Standorte erhalten bleiben? Wie gehen wir mit zurückgehenden Finanzen um? Aber auch dafür werden wir Lösungen finden. Ich bin Optimistin: Irgendwie geht es bei der Kirche immer gut weiter.

Befragt von Wolfgang Trautmann