Liebe Langenhornerinnen und Langenhorner,
das klingt ja erst einmal ziemlich toll: Man wird von einer großen Not getroffen, alles ist schrecklich und unübersichtlich. Und dann kommt Gott mit Zuversicht und Stärke daher – dann kann ja nix mehr schief gehen und alles wird gut! Aber wir wissen alle: so einfach ist es in der Regel nicht. Was will der Psalm also von uns? Mir ist nicht gleich etwas dazu eingefallen und so habe ich mal geschaut, wie der Vers auf Latein geht. Und diese Version lautet: „Deus noster refugium et virtus, adiutor in tribulationibus quae invenerunt nos nimis.“
Das müsste man (wörtlich) übersetzen mit: „Unser Gott ist unsere Zuflucht und Stärke, ein Helfer in den Schwierigkeiten, die uns allzu oft treffen.“ Und es ist eigentlich nur ein Wort in der Übersetzung, das sich von der offiziellen Bibelversion unterscheidet: Die „Zuversicht“ ist zur „Zuflucht“ geworden. Und doch, diese eine Veränderung ändert für mich den gesamten Psalmvers. Nun sagt mir der Vers, dass Gott mir nicht die Zuversicht gibt, quasi wie Taschengeld verteilt, sondern die Möglichkeit, mich zurückzuziehen, einen Schritt zurück zu tun und Abstand zu gewinnen. Und aus dieser Position des Abstandes und der Zuflucht kann ich die Dinge um mich herum anders, ja, neu betrachten und komme daraus vielleicht zu einer neuen Position der Stärke und – da ist sie dann – Zuversicht.
Wie ist das also praktisch? Die Welt ist in Aufruhr: Im Osten tobt der Krieg, im Westen sitzt ein Möchtegern-König und bringt die Weltordnung durcheinander. Im Nahen Osten fliegen die Fetzen, in Europa scheinen die Rechten immer mehr die Oberhand zu gewinnen. Mittendrin sitzen wir in Langenhorn und auch da brodelt es: die Gottesdienste sind schlecht besucht, die hauptamtliche Versorgung ist grenzwertig, in „meiner“ Kirche findet fast nichts mehr statt und und und. Wo soll das noch hinführen? Am liebsten möchte ich mich verkriechen und nichts mehr damit zu tun haben!
Genau das schlägt der Psalm vor: Verkrieche Dich, nimm eine Auszeit, finde Zuflucht bei Gott, vielleicht in einer Kirche oder auch zu Hause – Türen zu, eben Ruhe einkehren lassen, ob man das nun Beten, Meditieren oder einfach Zur-Ruhe-Kommen nennt. Ich habe das in der letzten Zeit öfters gemacht und für mich herausgefunden, dass ich an der Weltlage nichts ändern kann. Alles Strampeln und Rudern hilft nichts gegen die o.g. Zustände. Aber hier bei uns, da kann ich etwas bewirken, ich kann dabei sein und mitgestalten. Und es ist einfach großartig, dass ich dabei nicht alleine bin, denn bei allem Frust über die Veränderungen in unserer Kirche gibt es immer noch ganz schön viele Personen, die mitarbeiten an der Zukunft der Kirche in Langenhorn: es gibt die Hauptamtlichen, die Kirchengemeinderäte, die verschiedenen Arbeitskreise und Arbeitsgruppen, die sich mit den unterschiedlichsten Dingen beschäftigen, es gibt viele verschiedene Aktionen in Langenhorn, die von und mit der Kirche veranstaltet werden, bei denen ich dabei sein und einen Unterschied machen kann. Natürlich sind wir uns nicht immer sofort einig in allen Details – Veränderung bedeutet Schmerz und Abschied. Aber wir sind uns doch alle darin einig, dass wir an unserer Gemeinde, an unserer Gemeinschaft, an der Zukunft der Kirche in Langenhorn arbeiten wollen, dass es weitergehen soll. Das ist wundervoll und macht mir ganz viel Mut und Zuversicht!
Also wünsche ich uns allen, Psalm 46 folgend, den Mut, Gottes Angebot zur Zuflucht und zum Rückzug wahrzunehmen, um zur Zuversicht zu kommen.
Herzlich
Daniel Hagemann
Kirchengemeinderat der Ev.-luth. Ansgarkirchengemeinde