50 Jahre Zachäus-Kirche

Oh, drinnen ist es ja doch ganz schön!”

…so äußerte sich ein Eppendorfer Pastor über das gerade eingeweihte Gemeindezentrum an der Käkenflur.

Auch vor 1973 gab es schon ein Gemeindeleben in dem damaligen “West-Bezirk”. Gottesdienste wurden alle vier Wochen in der Bücherei der Schule Neuberger Weg gefeiert. Dann wurde auf dem Grundstück Käkenflur 31 ein Holzhaus aufgestellt, das vorher in der Gemeinde in Waltershof stand. In dieser sog. „Kapelle Käkenflur” entwickelten sich ab Oktober 1967 zahlreiche und vielfältige Gemeindeaktivitäten. Wegen der geplanten Neubebauung in der Umgebung gab es aber Bedarf für eine “richtige” Kirche.

 

Ein geeignetes Grundstück fand man an der Käkenflur. Im Jahre 1969 beauftragte der Kirchenvorstand das Architektenbüro Friedhelm Grundmann mit der Planung, der den Bildhauer Hans Kock um Mitarbeit bat. Grundmann (1925 — 2015) war ein bekannter Architekt, der Kirchen in Norddeutschland und U-Bahnstationen in Hamburg plante. In Anlehnung an die ersten christlichen Kirchen sollte eine Art „Hauskirche” mit Mehrzweck-Räumen für vielerlei Aktivitäten entstehen, die offen ist für die Bewohner der neuen Wohnblocks.

Die Grundsteinlegung fand am 8. April 1973 statt: „Schön warm schien uns die Frühlingssonne auf die Köpfe. Das Gemeindezentrum war noch nicht gedeckt, aber die Mauern standen schon” … so der damalige Gemeindebrief. Der Posaunenchor von St. Jürgen unter der Leitung von Volkmar Lange begleitete den Marsch von der “Kapelle” zur Baustelle, wo der Gottesdienst fortgesetzt wurde. In der Urkunde für die Grundsteinlegung schrieb der damalige Pastor Reiner Schulenburg u.a., dass die Gemeinschaft wachsen möge zu einer Gemeinde Christi: „Offen für alle Menschen / Hilfreich für viele in Not / Verbinden zwischen arm und reich, jung und alt.” Kurz darauf, nämlich am 1. Juli 1973, wurde die „Kirchengemeinde an der Käkenflur” durch Abtrennung von St. Jürgen selbständig.

Der Bau des Gemeindezentrums: Gemäß der Planung wurden um ein großzügiges Foyer herum alle Räume gruppiert wie um einen Marktplatz:Kirchraum mit einem beweglichen Altar, Pult und Gestühl, Gemeindesaal mit verschiebbaren Wänden, Büro, Gruppen-, Kindergarten-, Klubräume, im Keller Jugend- Werk- und Sanitärräume, im Anbau Wohnräume für Küster und Gemeindeschwester. Auf einen Kirchturm wurde verzichtet, um keine „imperial-klerikalen Ansprüche” zu erheben. „Wichtig ist, was drinnen geschieht” — so hieß es. Leider konnte dem Architekten damals — so schreibt Schulenburg — das (auch heute noch) problematische Flachdach nicht ausgeredet werden. Ansonsten wurden aber die Wünsche des Bauausschusses überwiegend berücksichtigt. Der Bildhauer Hans Kock erstellte u. a. die Entwürfe für die farbliche Gestaltung der Fenster im Kirchraum. Die Grün- und Blautöne sollten eine Morgenstimmung vor Sonnenaufgang darstellen. Auf Wunsch des Bauausschusses wurden noch zwei rötliche Elemente für die Morgendämmerung eingefügt. Kocks Formensprache drückte sich auch aus in dem geschwungenen Glockenträger. Die Gesamtkosten betrugen 1,45 Mio. DM.

Die Kirchweihe am 11. November 1973 begann nach dem Bericht von Reiner Schulenburg mit einem Schrecken:”… als ich am 11. 11. in den Kirchraum kam und als erstes die große graue Zinkwanne auf dem Altar sah: Große Tropfen fielen gut hörbar hinein…” . In hektischer Betriebsamkeit mussten an den Vortagen noch viele handwerkliche Restarbeiten erledigt werden. Die Einweihungsfeierlichkeiten waren für die Beteiligten sehr fordernd: Schulenburg schreibt im ersten Gemeindebrief 1974 von einem „gewissen Erschlaffen der Kräfte”. Die Glocke, die die Inschrift trägt (Römerbrief 12,12) „Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet!” wurde von der St. Jürgen-Kirche übernommen. Die umgebende Bebauung rund um den Käkenhof, an der Walter-Schmedemann-Straße und der Dortmunder Straße fand erst ab 1980 statt.

Und das Gemeindeleben erblühte. Besonders in den 70er, 80er und 90er Jahren und auch danach gab es viele Feste und Veranstaltungen, Vorträge, Busausflüge, Kurzreisen mit Frau Morgenstern, Kulturkreis mit Frau Schulenburg, zudem umfangreiche Jugendarbeit durch Claus Thibout inklusive Konfirmandenunterricht (50 bis 70 Konfirmanden pro Jahr), Pfadigruppen.

Ein besonderer Höhepunkt: Loki Schmidt schenkte der Gemeinde 1984 die Krippenfiguren, die Helmut Schmidt als Geschenk von Erich Honecker erhalten hatte. Nach Pastor Schulenburg setzten die Pastoren Brinkmann, Spies und Grambow und jetzt Astrid Wolters neue Akzente mit der Umgestaltung der “Altentagesstätte” in einen Seniorentreff, mit neuen, abwechslungsreichen Gottesdiensten und mit der Familienkirche.

Das Pastorat am Parkplatz kam 1991 dazu. Danach gab es im Inneren verschiedene Umbauten zu Gunsten der Kita; der Seniorentreff zog 2017 in eine zuvor vermietete Mitarbeiterwohnung ein.

Der Name der Gemeinde und der Kirche: Der Kirchenvorstand entschied sich 1973 für: Ev. luth. Kirchengemeinde an der Käkenflur Hamburg-Langenhorn. Dieser Name der Gemeinde blieb bis zur Fusion mit St. Jürgen unverändert. Die Kirche selbst erhielt am 11. November 1998, also vor 25 Jahren, den Namen Zachäus-Kirche.

Damit wird auf die Szene zwischen Jesus und dem reichen Oberzöllner Zachäus (Lukas 19, 1-10) und die Lage nahe der bis 1864 vorhandenen Zollstelle am heutigen Ochsenzoll Bezug genommen. Der Oberzöllner Zachäus sitzt auf einem Maulbeerbaum, um den Einzug von Jesus besser sehen zu können („denn er war klein und die Volksmenge versperrte ihm die Sicht”). Jesus ruft ihn herab: ,Heute muss ich in deinem Hause zu Gast sein’ . Zachäus freute sich, Jesus aufnehmen zu können.

Architektur des Gemeindezentrums: Die moderne Architektur im Inneren und Äußeren war und ist Zielpunkt von Kritik und Anerkennung, z. B.: „Im Himmel wirds besser werden”. Aber auch: „Diesen Raum finde ich als Kirche gut, weil er nicht mehr sein will, als der Rahmen für das Eigentliche, was hier geschieht”. Kritisiert wurde, dass die Kirche als solche wegen des Verzichts auf einen Turm auf den ersten Blick nicht erkennbar sei. Jedenfalls gelang es Grundmann und Kock, mit ihren Vorstellungen von einer einladenden, familiären „Hauskirche” — mit ihren Schwüngen, Wellen, lebendigen Linien und Farben im Kirchraum und unter Verzicht auf alles Demonstrative — der „Kistenbauerei” der 60er und 70er Jahre einen anderen Stil entgegen zu setzen und auch eine historisierende Architektur zu vermeiden.

Jede/r ist eingeladen, das Gemeindezentrum zu besuchen und sich ein eigenes Urteil zu bilden!

Wolfgang Trautmann

Quellen: Insbesondere Festschriften von Reiner Schulenburg (Pastor in der Gemeinde von 1967 bis 1995) zum 20 und 25jährigen Bestehen der Kirche; frühere Ausarbeitung von Peter Schwarz; Gemeindebriefe; Informationen von Gemeindemitgliedern. Eine ausführlichere Darstellung der Gemeindegeschichte kann im Büro bestellt werden.