100 Jahre Christliche Pfadfinderschaft

Viele Jahre wurde darauf hingearbeitet, Corona hat den ohnehin schon großen Spannungsbogen überraschend noch weiter gezogen – und dann war es in diesem Sommer endlich so weit: Unser großes Bundeslager konnte stattfinden. Dabei ist dieses Lager an sich schon durch seine Seltenheit besonders und durch seine Größe überwältigend. In diesem Jahr wurde dies noch durch zwei zusätzlich Dinge gesteigert, die es für uns Pfadfinder aus St. Jürgen-Zachäus zu einem außergewöhnlichen Erlebnis werden ließen, das alle bisherigen Bundeslager in den Schatten stellt: Einerseits kam eine Hauptverantwortliche für die Planung aus unserem Stamm und andererseits haben wir stolze 100 Jahre Jubiläum gefeiert!

Die Christliche Pfadfinderschaft – Ein historischer Exkurs

Die ersten zarten Knospen der Christlichen Pfadfinderschaft (CP) gab es schon im Jahr 1909 im Christlichen Verein Junger Männer (CVJM). Auch der CVJM besteht noch heute, wobei die internationale Bezeichnung dank eines Ohrwurms wohl wesentlich bekannter ist: YMCA (Young Men’s Christian Association). Bis die Grundideen der CP im Jahr 1912 in einer ersten Satzung verschriftlicht wurden, dauerte es noch ganze drei Jahre.

Schon bald häuften sich daraufhin große Ereignisse, die die deutsche Jugendbewegung bis heute prägen. Inspirierend waren dabei neben dem CVJM auch die Grundsätze der Abenteuerpädagogik von Baden-Powell aus England und die fast zeitgleich entstandene bündische Wanderromantik der Wandervogelbewegung. So wurde im Jahr 1913 auf dem Freideutschen Jugendtag die Meißner Formel verabschiedet. Sie ist in der damaligen Zeit ein bedeutender Schritt zum Aufbruch aus alten gesellschaftlichen Normen gewesen. Noch heute ist sie in vielen Teilen ein aktueller Grundstein der Jugendbewegung. Ein zentraler Satz daraus lautet:

Die Freideutsche Jugend will aus eigener Bestimmung, vor eigener Verantwortung, mit innerer Wahrhaftigkeit ihr Leben gestalten.“

Kurz danach war der Traum von der Freiheit aus, denn der 1. Weltkrieg begann und auch Mitglieder der Jugendbewegung begegneten sich in den Schützengräben.

Kaum war dieses Kapitel abgeschlossen, ging es mit der Arbeit an der CP weiter, sodass 1921 mit der Verabschiedung der Neudietendorfer Grundsätze nicht nur alle christlichen Pfadfinderbünde zusammenfanden, sondern auch die Christliche Pfadfinderschaft Deutschlands (kurz CPD) gegründet wurde. In den folgenden Jahren häuften sich die formenden Ereignisse in der CPD. Ganz im Zeichen der eigenen Struktur, den eigenen Merkmalen und der eigenen Pädagogik wurde sie in dieser Zeit zum vollends eigenständigen Bund und löste sich endgültig vom CVJM. Doch auch diese Zeit des Wachstums wurde durch ein dunkles Kapitel der deutschen Geschichte unterbrochen – am 20.11.1933 wurde die CPD verboten. Es folgte ein Spiel aus Verboten und Umgehungen, welches die CPD schließlich im Jahr 1937 vollständig und gewaltsam in den Untergrund zwang. Doch schon kurz nach Ende des 2. Weltkriegs ging es im Jahr 1946 wieder weiter. Die CPD wird Teil der Jugendkammer der Evangelischen Kirche Deutschlands und beginnt ihre Arbeit erneut. Zu diesem Zeitpunkt hat die CPD bundesweit etwa 3.000 Mitglieder. Nach der offiziellen Zustimmung der britischen Militärregierung nimmt der Wiederaufbau so richtig Fahrt auf. Im Jahr 1950 wird die CPD offiziell durch das internationale Pfadfinderbüro in London anerkannt. 1965 zählt die CPD stolze 25.000 Mitglieder. Mit der Größe wachsen allerdings auch die Grundsatzdiskussionen. Die CPD wird koedukativ, also ein Bund für Mädchen und Jungen. Außerdem bilden sich verschiedene Strömungen aus, die vor allem die Eindrücke des 2. Weltkriegs unterschiedlich verarbeiten. Die Diskussionen sind so intensiv, dass gleich eine ganze Reihe von Abspaltungen folgt. Auch nach einer Neugründung im Jahr 1976 kommt der Bund nicht zur Ruhe. 1982 platzt deswegen sogar ein Bundeslager. Erst im Jahr 1991 kommt es wieder zu einer Bewegung aufeinander zu. So gründete sich 1996 die wiedervereinigte CPD erneut auf Basis der Grundsätze von 1921, sodass sie schließlich in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen feiert. Der Pfadfinderstamm Dag Hammarskjöld in St. Jürgen-Zachäus ist übrigens seit 1993 Teil dieser Geschichte und webt aktiv daran mit. Wir freuen uns schon auf die nächsten 100 Jahre!

Autor: Tobias Rastetter

Bundeslager 2022 – Ein Pfadfinderbund feiert Jubiläum

Lager bei Abenddämmerung

Lager bei Abenddämmerung

Einhundert Jahre Christliche Pfadfinderschaft. Wenn das kein Grund zum feiern ist! Unter dem Motto „Bundeslager 2022 – Verbunden. 100 Jahre CPD“ trafen sich vom 27. Juli bis 07. August 2022 1500 Pfadfinder*innen aus ganz Deutschland, um dieses besondere Ereignis miteinander zu begehen. In diesen zwei Wochen wurde viel gelacht, gesungen und geschwitzt (die Sonne war unerbittlich). Alte Bekannte wurden begrüßt und neue Freundschaften geschlossen. Nachdem wir uns alle auf dem Lagerplatz eingelebt hatten, begann der festliche Teil mit einem Besuchertag. Neben selbstgemachtem Essen und Messerschleifen erhielten die Besucher*innen die Möglichkeit in die Welt der Pfadfinderei einzutauchen. Den Tageshöhepunkt bildete ein festliches Mahl, welches durch einsetzenden Starkregen ein abruptes Ende fand. Aber wir wären keine Pfadfinder, wenn wir uns die Festtagsstimmung von „ein bisschen Nässe“ verderben lassen würden. Am nächsten Tag stand das Stadtspiel auf dem Programm und so ging es mit gepacktem Rucksack, halbtrockenen Klamotten, aber glücklich nach Celle. Unterschiedlichste Aufgaben waren zu bewältigen und Spiele zu bestreiten, bevor wir uns letztendlich zum gemeinsamen Gottesdienst wieder zusammenfanden. Es folgte der pfadfinderische Höhepunkt: Ausgestattet mit dem Nötigsten, suchten sich zahlreiche Kleingruppen ihren ganz eigenen Weg zurück zum Lager. Nach diesen abenteuerreichen zwei Tagen fanden wir uns in der Fantasiewelt von Zepedorien wieder. In farbenfrohen, selbstgenähten Kostümen versuchten das ganze Lager in den kommenden Tagen die gestohlene Frucht des Drachenherzbaumes zurückzuerlangen. Unglaublich, aber wahr! Am Ende siegte das Gute über das Böse ;D. In der nun herrschenden Verbundenheit versammelten sich das gesamte Lager zu einem letzten gemeinsamen Mahl, diesmal ohne Regen. Am Abend begann die Feuerrunde, der letzte Tanz des Bundeslagers bevor dieses am folgenden Tag mit einem Abschlussgottesdienst beendet wurde. Von überall waren wir gekommen, im Lagergrund stand Zelt an Zelt, und habt ihr unseren Ruf vernommen, so tragt ihn raus in alle Welt! Wir sehen uns 2026.

Autoren: Tobias Rastetter, Elena Rastetter, Jennifer Schneider

Der Hajk – Unser pfadfinderischer Höhepunkt

Heißluftballon am Himmel

Heißluftballon am Himmel

Als wir nach dem Stadtspiel wieder zu unseren Rucksäcken zurückgekehrt sind, hat man erst realisiert, was in den nächsten Tagen passieren wird. Ein Wanderung (Hajk) mitten ins Unbekannte. Unsere 10-köpfige Gruppe hat sich für die anspruchsvolle Route für einer Distanz von ca. 35 km entschieden. Als unser Bus nach langer Wartezeit auf dem Parkplatz endlich kam, stieg die Vorfreude auf ein Abenteuer. Auf der Busfahrt lernte man sich gegenseitig besser kennen und fragte sich jedes Mal, wenn der Bus stoppte: Ist das unser Halt? Als dann nur noch unsere Hajkgruppe im Bus war, wurden wir endlich in Jeversen aus dem Bus gelassen und es konnte losgehen. Den Rest des Tages sind wir nur noch ein Stück gewandert und haben dann im Wald erstmal üppig gegessen und uns ausgeruht. Nach einer kleinen Singerunde haben wir uns schlafen gelegt. Nun war man mittendrin im Abenteuer. Am nächsten Morgen sind wir früh aufgestanden und ohne Frühstück aufgebrochen, um möglichst viel Strecke zu machen, ohne von der Mittagshitze geplagt zu werden. Im nächsten Ort haben wir dann endlich gegessen und uns für den Tag gestärkt, denn wir hatten noch ein ziemlich großes Stück vor uns. Während des Tages liefen wir durch Wälder, Felder oder auf Straßen. Wir liefen auf Schotter, Sand und Asphalt. Ab und zu machten wir kleine Pausen, um etwas zu trinken und etwas Kleines zu essen. Wir lachten und unterhielten uns. Links und rechts des Weges fanden sich immer wieder kleine Überraschungen, wie zum Beispiel der Heißluftballon oder der Holzvollernter. Jetzt konnte man das Wander richtig genießen und die Natur in sich aufnehmen, wenn da nicht der schwere Rucksack wäre. Da dieser aber mit jedem Essen und jedem Snack, den man aß, leichter und leichter wurde, gestaltete sich das Wandern immer entspannter. Mittags machten wir an einem kleinen Rinnsal Pause und aßen ZwiMa, lachten und entspannten uns. Und man konnte die Hitze und die anstrengende Wanderung ausblenden, man war einfach glücklich auf den Hajk gegangen zu sein. Nun war es nicht mehr weit bis Celle und man begann wieder Häuser und Menschen zu sehen. Zur Abkühlung haben wir dann noch einmal unsere Füße in den Fusekanal gehalten. Nach einer weiteren Pause in Celle und einem leckeren Eis sollte es dann endlich durch Celle und zum Lagerplatz gehen. Die Brombeeren am Wegesrand gaben uns die nötige Energie, die letzten Meter zu gehen und den Schmerz unserer Blasen zu ignorieren. Wir schlugen kurz vor dem Treffpunkt, ein wenig außerhalb Celle, unser Lager auf. Am nächsten Morgen sind wir wiedermal sehr früh aufgestanden und haben uns ohne zu Frühstücken direkt auf den Weg zum Lagerplatz gemacht. Auf dem Weg dorthin haben wir einige andere Gruppen gesehen, welche allerdings alle noch am Schlafen waren und haben für sie gesungen. Jetzt war man glücklich fast am Ziel angekommen zu sein, aber im selben Moment wird einem klar, dass der Hajk fast zu Ende ist. Am Treffpunkt angekommen, waren wir die ersten Vorort und haben erstmal gefrühstückt und nach und nach sind auch andere Gruppen eingetrudelt. Das Einzige, woran man jetzt noch denken konnte, waren die schönen Erinnerungen, die man in den letzten Tagen gemacht hat und die warme Dusche, die einen am Lagerplatz erwarten würde.

Autor: Simon Paegel